Ich bin krank

. . . Die Diagnose der Linien-Krankheit ist einfach: Wenn du es nicht schaffst, etwas anzuschauen ohne dir vorzustellen, dass du da gerade mit dem Bike eine ideale Linie fährst, dann – es tut mir leid dir das sagen zu müssen – hast du auch die Linien-Krankheit. Wehre dich nicht dagegen, join the club! Ich weiß heute, das ich eine der schlimmsten Formen der Linien-Krankheit habe, die es bisher gab, doch selbst das ist okay für mich, denn es gibt Heilung. Es gibt sogar Selbsthilfegruppen. Jeden Tag treffen sich Menschen mit der Linien-Krankheit und therapieren sich. Es gibt die verschiedensten Formen der Linien-Krankheit. Nachdem du die exakte Diagnose bekommen hast, musst du also die richtige Gruppe finden – und alles wird gut. Es gibt Patienten, die fahren den Highway entlang, sehen Berge und stellen sich vor, wie sie die steilsten Rampen mit dem Bike erklimmen, sich auf die höchsten Gipfel quälen und mit ihrer Fitness ganze Gebirgszüge bezwingen.

Diese Menschen therapieren sich in der Crosscountry Gruppe. Bei ernsteren Fällen können sich Menschen nur noch vorstellen, Berge hinunterzufahren. Diese Typen benötigen eine aufwändigere Behandlung. Sie brauchen Protektoren, Vollvisierhelme, ein Shuttle und natürlich viel Federweg – damit funktioniert es meistens.

Doch die Krankheit kann auch solche Ausmaße annehmen, dass eine Heilung noch mehr Aufwand beansprucht. Ich zum Beispiel kann nicht einmal die Freiheitsstatue anschauen, ohne mir vorzustellen, wie ich von der Fackel droppe, auf dem Buch aufsetze, dann einen Backflip ziehe und im Wasser lande. Ein besonders hartnäckiger Fall der Linien-Krankheit. Dafür müssen eine Menge Dinge verschrieben werden: Flugtickets, Schaufeln, Kameras, unterschiedliche Bikes, ein Allrad Fahrzeug – und das sind nur einige Beispiele aus der Flut von Medikamenten. Menschen die unter dieser dritten Stufe der Linien-Krankheit leiden, sind gezwungen ihr ganzes Leben darauf auszurichten. Doch wie bei jeder Krankheit gilt auch hier: Je früher sie erkannt wird, desto erfolgreicher kann man sie behandeln und desto besser geht es dem Patienten. Ich kann also von Glück sprechen, das die Krankheit bei mir schon 2004 entdeckt wurde – seitdem genieße ich die Therapie.

Die beste Selbsthilfegruppe für Stufe 3-Linien-Krankheit-Patienten heißt Freeride-Entertainment. Diese Organisation hilft den schlimmsten Fällen dabei, ihre Wahnvorstellungen innerhalb einer Therapie namens „New World Disorder“ (frei übersetzt: Neue Welt Störung) in die Realität umzusetzen. Auch ich habe mich in die helfenden Hände dieser Organisation begeben. In ihrem Gründungsjahr (2000) half sie einem Mann, der unter der krassesten Form der Linien-Krankheit litt, die je bekannt wurde. Sein Name: Josh Bender. Das Team war erfolgreich und konnte Bender einige Jahre später eine Sammlung DVD´s überreichen, die die Therapie dokumentierte. Bender scheint geheilt. . . .

Quelle: Freeride 01/10 – Auszug aus der Kolumne von Cameron McCaul


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